Eines von Billy Wilders bekannteren Zitaten lautet, man bräuchte drei Dinge für einen guten Film: ein gutes Drehbuch, ein gutes Drehbuch und ein gutes Drehbuch. In dieser Reihe stelle ich Filme vor, die meiner Meinung nach aus der Pflicht eine Kür gemacht haben. Diesmal: „Shakespeare In Love“.
Der Film erzählt eine augenzwinkernde Variante, wie Shakespeares wohl bekanntestes Drama „Romeo und Julia“ entstanden sein könnte. Das Drehbuch bedient sich dabei mehrerer Kniffe: nicht nur bietet es clevere „Lösungen“ für einige Fragen an, über die sich Shakespeare-Scholaren schon lange den Kopf zerbrochen hatten (warum gibt es verschiedene Unterschriften des Barden? Wie war Shakespeares Verhältnis zu Christopher Marlowe?), sondern gestaltet die Filngeschichte selbst wie ein Shakespeare-Drama. Verwechslungen aufgrund von Cross-Dressing (Viola de Lesseps ist die Hälfte ihrer Zeit im Film im Männerkostüm, Frauenrollen im Theater wurden aber grundsätzlich aus moralischen Gründen von Männern gespielt); vermeintlicher Tod führt zu tragischen oder komischen Verwicklungen (Marlowes Tod).

Dem Skript gelingt es, die delikate Balance zwischen Komödie, Insider-Spaß und echtem Drama aufrechtzuerhalten. Es gewann meiner Meinung nach sehr zu Recht den Oskar auch für das beste Drehbuch.

The theatre owner, PHILLIP HENSLOWE, is the man screaming. HENSLOWE’S boots are on fire. He is pinioned in a chair, with his feet stuck out over the hot coals of a fire burning in a brazier. He is being held in that position by LAMBERT, who is a thug employed by FENNYMAN, who is the owner of the VOICE. The fourth man, FREES, is FENNYMAN’S bookkeeper.

FENNYMAN: What am I, Mr. Lambert?
LAMBERT: Bitten, Mr. Fennyman.
FENNYMAN: How badly bitten, Mr. Frees?
FREES: Twelve pounds, one shilling and four pence, Mr. Fennyman, including interest.
HENSLOWE: Aaagh! I can pay you!
FENNYMAN: When?
HENSLOWE: Two weeks, three at the most, Aaaagh! For pity’s sake.
FENNYMAN: Take his feet out. Where will you get …
FREES: Sixteen pounds, five shillings and nine pence
FENNYMAN: … including interest in three weeks?
HENSLOWE: I have a wonderful new play!
FENNYMAN: Put his feet in.
HENSLOWE: It’s a comedy.
FENNYMAN: Cut his nose off.
HENSLOWE: A new comedy. By Will Shakespeare!
FENNYMAN: And his ears.

Diese erste Szene des Films führt uns in das Drama ein, und auf eine sehr clevere Art erzählt uns der Dialog, dass der Name des „bard“ damals eben noch überhaupt nichts zählte. Die letzten drei Worte Fennymans reichen aus.
Dem Publikum ist schnell klar, dass es sich nicht um eine „authentische Nacherzählung“ der Entstehungsgeschichte handelt; das will sie auch nicht sein. Besser als jede authentische Erzählung zeigt diese Fabel aber in vielschichter Weise, was die Faszination des Theaters als „Kino der Menschen von früher“ bewirken konnte, und wie wir uns davon auch heute noch einfangen lassen können. Die Geschichte zeigt zudem, dass ein zufriedenstellender Film nicht unbedingt ein Happy End haben muss.
Der Daily Telegraph schrieb damals: „I have seen Shakespeare in Love twice, in England and America (where it is a strong Oscar contender), and it continues to grow on me, revealing hidden details and subtleties. The Los Angeles audience I saw it with got few of the scholarly (presumably Stoppardian) in-jokes, but loved it all the same. In its marriage of farce and sentiment, there is an undeniable magic – a comic spirit that can fairly be called Shakespearean.“
Wenn ein Drehbuch es schafft, auf diese Ebene gehoben zu werden … was kann da noch schiefgehen?

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