Der Moment der Empathie (Illustration)

Die Geschichte des Tramps, der sich in einer Stadt in ein blindes Blumenmädchen verliebt, die ihn aufgrund einer Verwechslung für einen sehr reichen Mann hält, besticht nicht nur seiner klassischen physikalischen Komik wegen, sondern wegen seiner Charaktermomente, deren Crescendo im wohl besten Ende der Filmgeschichte mündet … Charlie Chaplins „Lichter der Großstadt“ aus dem Jahr 1931 sollte man (hoffentlich) niemandem mehr vorstellen müssen.

Oder doch?

Der Tramp hat sich in ein blindes Blumenmädchen verliebt und hat nur eines im Kopf, und vor allem im Herzen. Wie kann er seiner Angebeteten, der er sich ausschließlich als Gentleman nähert, nie als aufdringlicher Kerl, aus der Misere helfen – noch dazu, weil sie und ihre Großmutter wegen Mietrückständen aus der Wohnung geworfen werden sollen. Er versucht sich als Straßenkehrer, und dann schließlich als Boxer. […] Die ganze Tragik der nun folgenden Geschichte, die darin mündet, dass er dem besoffenen Millionär Geld entlocken kann, dann aber für einen Einbrecher und Dieb gehalten wird, macht Chaplin eben nicht nur zu einem der größten Komiker, sondern zu einem, der wie kaum ein anderer Komik und Tragik zu verbinden wusste. Der Tramp kann das Geld dem Mädchen noch übergeben, aber er muss einen hohen Preis dafür zahlen: Gefängnis.

Der meinem Gefühl nach absolute Höhepunkt des Films ist dann tatsächlich die Schlussszene. Der Tramp, in verlumpten Kleidern aus dem Gefängnis entlassen, geht – voller Sehnsucht, und dennoch nicht aufgebend – an den Ort, an dem die junge Frau ihre Blumen verkauft hatte. Doch da ist sie nicht. Er trifft sie wieder, sie, die nicht nur wieder sehen kann, sondern der das Geld auch ermöglichte, einen eigenen Blumenladen zu kaufen, sie, die bei jedem Mann, der den Laden betritt, hofft, es könne ihr vermeintlich reicher Wohltäter sein (Quelle)

Wenn Sie den Film nicht kennen, dann verlassen Sie diesen Blog in Richtung des Filmhändlers Ihres Vertrauens und sehen Sie sich den Film heute Abend an.

Erst dann, beim Wiedersehen, wird die nun folgende Szene ihre ganze Wirkung entfalten:

Nehmen wir wieder die „Reveal/Conceal“-Theorie zur Hand, um den Moment der Empathie zu identifizieren: Inwieweit steht das, was die beiden in der Szene tun oder sagen, im Widerspruch zu ihrer Psyche des Moments, zu ihrem Subdialog? Wo enthüllen und verbergen sich die Charaktere gleichzeitig?

Machen Sie sich Ihre Notizen, bevor Sie den Spoiler öffnen ...

Ich gehe davon aus, dass Sie die Schritte der Erniedrigung von den Blasrohrschüssen der Zeitungsjungen zur Blume im Rinnstein zum Loch in der Hose nachverfolgt haben. Dass ausgerechnet das Blumenmädchen Zeugin dieser Szene wurde und er erkennt, dass sie all das gesehen hatte, steht in einer Kaskade der peripetischen Gefühle, noch bevor beide ein Wort miteinander gesprochen haben.

  • Ist es Empathie oder Mitgefühl, dass sie ihm eine frische Blume anbietet und ein Geldstück dazulegen will?
  • Wie fühlt er, als er davonlaufen will?
  • Wie fühlt er, als sie ihn zurückruft, und er die Blume entgegennimmt?
  • Wie fühlt sie, als sie ihm das Geldstück in die Hand drückt?
  • Spüren Sie sein Dilemma, hin und hergerissen zu sein zwischen dem Wunsch, ihr nahe zu sein, jedoch zu wissen, dass ihre Gefühle wahrscheinlich die Wahrheit nicht ertragen?
  • Fühlen Sie ihre Mischung aus Überraschung, Enttäuschung und Erkennen, als sie plötzlich aus ihrer Erfahrung als ehemals Blinde weiß, dass er der Wohltäter war und das Toben ihrer widerstreitenden Emotionen?
  • Wie stark ist das Gefühl Ihres Miterlebens beider Seiten in diesen wenigen Sekunden, in denen die Wahrheit offenliegt, und diese beiden Menschen sich und den anderen erkennen, sie einander empathisch sind?

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Zugegebenermaßen könnte die Latte kaum höher liegen, aber … wir lernen von den Meistern!

Identifizieren Sie Zeitpunkte bzw. Szenen in Ihrem Drehbuch, die Sie zu einer empathischen Begegnungsszene zwischen ihren Hauptfiguren ausarbeiten können.

Und wenn Sie hängenbleiben …

Wer teilt, hat mehr vom Netz!

If this scene didn’t bring you to tears you might not have a heart.

S.N.S.

This is, hands down, the greatest ending in cinema history.

R.C.

For me, I always saw the look he gives her at the end as him understanding that she can never love him.

N.C.

The part where the flower crumbles in his hand, a subtle way to symbolize his heart breaking as the girl he loves belittles him. I literally bawled my eyes out when it ended.

B.F.

If you don’t cry you’re not human.

D.C.