Am Rhein, Anfang des 5. Jahrhunderts: Das junge Königreich Burgund unter seinem König Gibica ist bedroht — die Hunnen nähern sich seinen Grenzen. Gibicas unsichere Allianz mit dem Römischen Reich ist keine Hilfe, und so wagt er eine geheime Mission, um einen Goldtransport zu überfallen, verschwindet jedoch zusammen mit dem Gold.

Gibicas treuer Vasall Hagen muss die Spuren des Überfalls verwischen, um nicht die Großmacht Rom zu erzürnen. Gibicas Sohn und Thronfolger Gundahar ist sich unsicher, wem selbst am eigenen Hof er trauen kann. Nur auf Hagen ist Verlass, der noch eine weitere Bedrohung loszuwerden versucht: Sigurd, den vermeintlichen Drachentöter. Gundahars Halbschwester Grimhild entwickelt derweil Pläne, ihr Schicksal in ihre eigene Hand zu nehmen …

Eine spannende Neuerzählung der Nibelungen voller Abenteuer, Intrigen, Liebe, Freundschaft und Verrat.

Besetzt mit Sprecher:innen wie Uve Teschner, Konrad Bösherz, Sascha Rotermund, Victoria Frenz und Matti Klemm erzählt „Der Thron der Nibelungen” von Balthasar von Weymarn, wie sich der Kampf um den Thron der Nibelungen wirklich ereignet haben könnte.

Dieser sog. „Klappentext“ für die neue Hörspielserie gibt nur sehr skizzenhaft wieder, worum es bei mir bei diesem Projekt geht …

Diese Hörspielfassung hat eine lange Geschichte, und um sie zu verständlich zu erklären, muss ich 20 Jahre zurückspringen:

Im Jahr 2002 war ich Entwicklerchef bei der Produktionsfirma Tandem Communications. Damals stand dort alles im Zeichen einer epischen Neuverfilmung der Nibelungensage für das Fernsehen, und zusammen mit den Autoren Diane Duane und Peter Morwood hatte ich Wochen am Telefon, in Mails und sogar vor Ort in Irland verbracht, um eine Geschichte neu zu schmieden, die nicht zu Unrecht als die „Nationalsage Deutschlands“ bekannt ist. Diese Neuverfilmung sollte in Deutschland auf SAT.1 ausgestrahlt werden; international kümmerte sich Tandem als Agent um Verkäufe auf internationalen Märkten.

Nun ist das „Nibelungenlied“ aus dem 12. Jahrhundert eine eigenwillige Mischung aus Historie und Fantasy, in der erzählt wird, wie ein Drache (ein sagenhaftes Wesen) irgendwo im Hinterland von Worms (sehr konkrete Ortsangabe) von einem kühnen Recken getötet worden war. Weitere historische Bezugspunkte und Persönlichkeiten (Etzel/Attila oder die Burgunderkönige aus der Völkerwanderungszeit) kommen ebenso darin vor wie weitere reine Phantastik (Unverwundbarkeit durch Drachenblut und eine Tarnkappe). Über diese eigenwillige Dualität dachte ich damals noch nicht weiter nach.

Bei der Entwicklung unserer TV-Adaption war mir als Entwickler die „innere Glaubwürdigkeit“ der Geschichte besonders wichtig. Diese versuchte ich, an zwei Punkten festzumachen: (1) jede magische Fähigkeit einer Figur musste ihren Preis haben und (2) die politische Welt sollte sich echt anfühlen. Auch sollte Größenwahn allein nicht reichen, um überzeugend als Schurke durchzugehen.

Leider landeten die Geschäftsführer der Firma einen Coup: sie verpflichteten den Regisseur Uli Edel an das Projekt. Das half, einige Financiers davon zu überzeugen, dass das Projekt kommerziellen Appeal hätte; schließlich war Edel verantwortlich für „Last Exit Brooklyn“, „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ und „Der Baader-Meinhof-Komplex“. Edel zeigte sich aber von genau den Teilen der Nibelungensage fasziniert, von denen ich die ganze Zeit wegzusteuern versuchte: dem „dräuend-pathetisch-Wagnerianischen“ darin. Edel wusste genau, dass sich mit seiner Vertragsunterzeichnung das Machtverhältnis entscheidend verschoben hatte — zu seinen Gunsten. Er ließ sich das Drehbuch schicken und begann, eine „Regiefassung“ zu erstellen (was auf einen regelrechten Rewrite hinauslief). Es folgten Monate erbitterten Tauziehens um die Richtung des Skripts. Er entschied sich, meinen Widerstand einfach zu ignorieren, und meine Chefs sahen keinen Grund, warum sie für ihren Mitarbeiter in die Bresche springen sollten. Den Kampf musste ich schließlich verloren geben.

Zeichner Michael Vogt sieht das Balthasar-Uli-Duell wie eine Szene aus einem Tarantino-Film

Zeichner Michael Vogt sieht das Uli-Balthasar-Duell wie eine Szene aus einem Tarantino-Film

Dem Ergebnis der Dreharbeiten konnte ich nach den bitteren Kämpfen nicht objektiv gegenüberstehen — dass sich in der Castliste neben etablierten Größen wie Max von Sydow, Mavie Hörbiger und Julian Sands auch der damals noch unbekannte Robert „Twilight“ Pattinson wiederfanden, die Effektschmiede von Volker Engel („Independence Day“) die CGI lieferte und Klaus „Fluch der Karibik“ Badelt den instrumentalen Soundtrack beisteuerte, tröstete mich nur wenig. Ich sah vor allem das, was der Film nun nicht geworden war.

Der knapp dreistündige Zweiteiler wurde mit großer PR 2004 durch SAT.1 ausgestrahlt und erzielte hohe Einschaltquoten. Meine Rolle las sich im Abspann als „Produktionsberater“ nicht mehr zutreffend, aber machen konnte ich daran nichts, denn 2004 arbeitete ich bereits nicht mehr für Tandem.

Ich wusste nicht, dass ich mehrere Consultants war …

Die Kritiken fielen unterschiedlich aus: zwischen Kommentaren wie „leicht verdauliche Unterhaltung“ gab es auch pointierte Analysen.

Vom Projekt waren mir aktenordnerweise Recherchenotizen geblieben. Ich hatte einige der Erkenntnisse aus den Recherchen und eigene Ideen in den Entwicklungsprozess eingebracht, aber was davon im Produktionsskript gelandet war, hatte Edel wieder streichen lassen. Ich behielt die Ordner, denn in meinem Angestelltenvertrag stand lediglich, dass meine *übernommenen* Ideen Eigentum der Firma würden.

Sprung näher an die Gegenwart: mittlerweile mit einigen Credits mehr versehen, war ich 2019 auf Akquisetour für neue Hörspielprojekte. „Game Of Thrones“ hatte zehn Jahre nach dem „Herrn der Ringe“ belegt, dass es auch weiterhin einen großen Markt für phantastische Stoffe mit komplexen Hauptfiguren gab — aber bei „meinen“ Nibelungen stand mir nicht der Sinn nach einem weiteren Aufguss der hinreichend bekannten Geschichte rund um den Drachentöter Siegfried, den hinterrücks mordenden Hagen, eine zickige Kriemhild und eine nordisch-rachsüchtige Superfrau Brünhild.

Mittlerweile hatte die historisch-archäologische Forschung über die frühe Völkerwanderung ab dem 4. Jh. nach Christus einiges Neues ans Tageslicht gebracht. Ich entdeckte, dass mich der „historisch wahre“ Hintergrund der Nibelungensage, der Untergang des ersten Burgunderreiches, zunehmend mehr interessierte als der Teil, der aus der Sigurdsaga stammte. Auch die Chance, die Art der Beziehungen der Charaktere untereinander so zu gestalten, dass sie nicht mehr (wie von den Dichtern der Sage im 11. Jh. angelegt) aus einem stark mittelalterlichen Bild auf die Geschichte stammten, reizte mich. Und so war die Idee entstanden, genau das einmal zum Thema zu machen: den womöglich wahren Kern der Nibelungensage. Ich war immerhin nur 20 km von Worms entfernt aufgewachsen. Das war ja schon fast der „Ruf des Abenteuers“, den ich nicht versäumen durfte.

Und so waren einige Säulen gefallen:

Spoilers ahead

  • Nicht Siegfried ist der Held, sondern Hagen
  • Siegfried hat einen Rivalen um Grimhilds Gunst
  • Attila ist ein Antagonist anderer Art, und die Bedrohung durch die Hunnen orientiert sich mehr an der historischen Realität
  • Der Drachenhort ist völlig umdefiniert
  • Gudrun wurde eine ganz eigene Persönlichkeit
  • Der Vater der Burgundentrias Gunther, Gernot und Giselher spielt eine wesentliche Rolle
  • Und Rom bekommt den gebührenden Auftritt

[Einklappen]

Ich setzte mich einige Tage hin und entwarf eine „Herr der Ringe“-artige Landkarte der Geschichte auf Grundlage der historischen römischen Karten:

… und ich schrieb ein längeres Konzept. Damit fand ich eine Produktionsfirma, die das Ganze als epische Hörspielserie umsetzen wollte und große Pläne hatte. Leider hatte diese aber auch nach zwei Jahren, in denen sie exklusiv über den Stoff verfügen konnte, kein Label begeistern können, so dass ich meine Nibelungen wieder zurückzog. Als ich fast schon glaubte, das interessante Zeitfenster nach „Game of Thrones“ habe sich schon wieder geschlossen, sprang The AOS auf das Konzept an. Zusammen mit meinem Cousin Jochim Redeker sollte ich nun fast 20 Jahre nach der Verfilmung die Chance haben, „meine“ Variante der Geschichte zu erzählen — nicht als Film, aber als Hörspiel.

Ab Mitte 2021 lief die Produktion. Die Sprecherinnen und Sprecher machten sich die Charaktere zu eigen, und ich bin sehr stolz, dass gerade die intensiven Charakterauseinandersetzungen so gut funktionieren.

Hier der Einstieg zur ersten Folge:

Staffelcover

Das Cover der 1. Staffel

Im August 2022 erschienen die ersten sechs Episoden als 1. Staffel mit 4 1/2 Stunden Laufzeit.

Die abschließende 2. Staffel mit weiteren sechs Episoden und noch einmal 4 1/2 Stunden Gesamtlaufzeit ist seit März 2024 vollständig veröffentlicht.

Lasst das Label wissen, wie Euch die Geschichte gefällt!

Gebt es weiter -- das Beste im Netz!